Wenn die Nacht ruft – und die Kamera antwortet
Es gibt Menschen, die nachts schlafen. Wie zum Beispiel Sandra. Dann gibt es mich – bewaffnet mit einer Kamera, einer Taschenlampe und dem unbeirrbaren Glauben, dass die Dunkelheit mir etwas Spektakuläres zu bieten hat. Nein, ich spreche nicht von UFOs oder außer Kontrolle geratenen Eseln, die sich in der Wildnis von Fuerteventura verirrt haben. Ich meine die Sterne, das Mondlicht und all die schüchternen Details, die nur sichtbar werden, wenn die Sonne Feierabend macht.
Meine nächtlichen Touren sind so planvoll wie eine Katze, die sich entscheidet, nicht auf deinen Schoß zu springen – will heißen, sie folgen keinem festen Muster. Mal zieht es mich an die Küste, wo das Meer bei Mondschein wie flüssiges Silber schimmert. Ein anderes Mal lande ich mitten in einem Barranco, nur um festzustellen, dass ich die Taschenlampe vergessen habe. Dann bleibt nur noch, den Weg durch blindes Vertrauen – und mit einer schier unerschütterlichen Hoffnung auf kaktusfreie Zonen – zu finden.
Die Nacht hat etwas Magisches – vor allem auf Fuerteventura. Keine Straßenlaternen, keine hupenden Autos, keine ungeduldigen Touristen, die versuchen, eine perfekte Aufnahme der Insel mit ihrem Selfiestick zu machen. Es ist nur die Ruhe, das Flüstern des Windes und das sanfte Klicken meiner Kamera. Oder sind es doch knabbernde Ziegen, die sich an meinen Rucksack heranmachen? Gut, manchmal gibt es auch das unvermeidliche „Platsch“, wenn ich über einen Stein stolpere oder im Eifer des Gefechts in eine Pfütze trete. Aber wer zählt das schon?
Und dann ist da noch die Sache mit den unverhofften Besuchern. Es gibt Nächte, da stehe ich mitten im Nichts, die Kamera perfekt ausgerichtet, und plötzlich höre ich ein Geräusch. Ein Rascheln, ein Schnauben oder – mein Favorit – ein bedrohlich klingendes "Mäh". Dann weiß ich: Irgendwo in der Dunkelheit hat sich eine Ziege entschieden, meinen nächtlichen Ausflug zu sabotieren. Und weil ich kein Held in Horrorfilmen bin, bin ich oft versucht, sie höflich zu bitten, doch bitte die Lichtstimmung nicht zu stören. Schließlich arbeite ich hier.
Und wenn die Ziegen nicht genug sind, gibt es immer noch die Atlashörnchen. Diese kleinen, entschlossenen Futterbettler stehen praktisch überall, wo ich mich niederlasse – und sie haben nur eines im Kopf: Nahrung. Mit Augen so groß wie der Mond in einer klaren Nacht schauen sie mich an, als ob sie glauben, ich wäre der letzte Überlebende eines Snacks-Kriegs. Und bevor ich mich versehe, finde ich mich wieder in einem verhandlungstechnischen Duell mit einem Hörnchen, das meine Kamera für eine vergängliche Bissenquelle hält. Aber hey, wer kann einem hungrigen, niedlichen Tier schon böse sein?
Die Motive, die ich suche, sind so vielfältig wie meine Launen: Sternenhimmel, der aussieht wie ein überambitioniertes Glitzerprojekt; Felsen, die im Mondlicht wie alte Titanen wirken; Schatten, die sich wie scheue Tänzer über die Landschaft bewegen. Und dann diese kleinen Lichtoasen im Vulkangestein – so etwas wie Fuerteventuras Antwort auf nächtliches Nightlife, nur ohne teure Cocktails und Diskokugeln. Manche würden sagen, es sei ein Abenteuer. Ich nenne es „Dienst nach Vorschrift“.
Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Die größte? Das Timing. Während der Sternenhimmel geduldig ist, ist das Wetter auf Fuerteventura unberechenbar. Perfekter Mond über einem Mega-Szenario? Geschlossene Wolkendecke. Milchstraße über einem beeindruckenden Felsenmassiv? Windstärke 45. Und als ob das nicht reicht, kommt noch mein notorisches Magenknurren dazu. Die übereilte Abreise, das Timing – und, natürlich – das Wichtigste: Bocadillo und Schokolade. Beides mal wieder vergessen. Selbst die leidenschaftlichen Atlashörnchen ziehen mit einer verächtlichen Bewegung von dannen. Aber hey, wer behauptet, dass Fotografie nicht auch eine Lektion in Geduld ist? Immerhin gibt es ja 365 Nächte im Jahr.
Am Ende jeder Nacht stehe ich da – die Kamera in der Hand, die Speicherkarte voll, die Schuhe meistens trocken (aber moralisch erschöpft). Und ich weiß: Es wird nicht die letzte Tour gewesen sein. Die Nacht hat noch so viel zu bieten, und ich bin bereit, es einzufangen – ein Foto nach dem anderen.
Also, liebe Leser und Hobby-Entdecker: Schaut immer mal wieder vorbei, denn die besten Bilder entstehen, wenn der Rest der Welt schläft. Und wer weiß? Vielleicht findet ihr hier bald die Aufnahme eines echten UFOs, eines sehr verwirrten Esels oder eines leidenschaftlich hungrigen Atlashörnchens.
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